Vernässung durch Regenrinne?

Vorgeschichte

Im November 2015 wurde von der Antragstellerin ein Beweissicherungsantrag mit der Begründung gestellt, dass das Carport des Nachbarn eine Versiegelung der Oberfläche bewirkt und die Oberflächenentwässerung nicht ausreichend dimensioniert ist. Dadurch kommt es zu einem Eindringen in den Boden und Unterspülung und Aufweichung des Grundes der Antragstellerin.

Der Nachbar errichtete im Herbst 2014 ein neues Carport samt Geräteschuppen. An dieser Stelle stand vorher auch ein Carport, aber ohne kontrollierte Regenwasserableitung. Der vom Gericht bestellte Sachverständige schrieb in seinem „Befund zur Beweissicherung“ datiert mit Mai 2016: „dass nach Besichtigung der Dächer und der befestigten Flächen des Antragsgegners augenscheinlich keine Regenwässer zum Grundstück der Antragstellerin abgeleitet werden“.

Auftrag

Es mußte ein Gerichtsgutachten zu folgenden Fragen erstellt werden:

  1. Sind Immissionen aufgrund nicht ausreichend dimensionierter Oberflächenentwässerung eines Carports auf das Nachbargrundstück erst bewirkt oder verstärkt worden?
  2. Wenn ja: Ist die ortsübliche Nutzung der Liegenschaft der klagenden Partei wesentlich beeinträchtigt?
  3. Stehen Setzungen und Senkungen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den allenfalls durch die Errichtung des Carports auf der Liegenschaft der beklagten Partei ausgehenden Immissionen?

Vom Bezirksgericht wurde die 2. Frage dahingehend präzisiert, dass der SV nachvollziehbar festzuhalten hat, ob andere Liegenschaften
im „Viertel“ sowohl durch Immissionen als auch in der Nutzung dadurch vergleichbar beeinträchtigt werden.

Auszug aus dem Befund zur Nachberechnung der Carportdachentwässerung

Die Nachrechnung der Carportentwässerung erfolgt gemäß dem Normenstand bei der Errichtung des Carports (Herbst 2014).

Berechnung Regenwasserabfluss

Gemäß ÖNORM EN 12056‐3:2000 wird der Regenwasserabfluss, der von einem Dach abgeleitet werden muss, durch Gleichung (1) berechnet:
Q = r * A * C (1)

Dabei ist:
Q = der Regenwasserabfluss in Litern je Sekunde (l/s)
r = die Berechnungsregenspende, in Litern je Sekunde und Quadratmeter [l/(sm2)]
A = die wirksame Dachfläche in Quadratmeter (m2)
C = der Abflussbeiwert
Gemäß ÖNORM B 2501‐1:2009 ist der Mindestwert für die Berechnungsspende r mit 0,030 l/(sm2) bzw. 300 l/(s*ha) anzusetzen.

Ergänzend zur ÖNORM EN 12056‐3:2000 wird in der ÖNORM B2501:2009 für C folgendes angegeben: Der Abflussbeiwert C berücksichtigt die Dachneigung, die Rauigkeit und den Grad des Wasseraufnahmevermögens der Dachfläche. Es gilt:

  • C = 1,0 für Kiesdächer, Blechdächer, Dächer mit Ziegeleindeckung, versiegelte Betonflächen, Foliendächer, Pflaster mit Fugenverguss,
  • C = 0,5 für Gründächer mit extensiver Begrünung bis zu einer Aufbauhöhe von 15 cm,
  • C = 0,3 für Gründächer mit extensiver Begrünung, Aufbauhöhe über 15 cm, und Gründächer mit intensiver Begrünung.

Für die Dachfläche des Carports wird C = 1,0 angenommen. Die Dachfläche des Carports hat in der Horizontalprojektion die Maße von 6,8 * 8,5 m. Die Fläche A beträgt daher 58 m2.

Der Regenwasserabfluss Q für den Bemessungsregen gemäß Gleichung (1) beträgt:
Q = r * A * C = 0,03 * 58 * 1,0 = 1,74 l/s

Abflussvermögen Dachrinne

Gemäß ÖNORM EN 12056‐3:2000 wird bei vorgehängten Dachrinnen halbrunder oder ähnlicher Form, ohne Gefälle geplant und mit Abläufen versehen, die einen freien Ablauf garantieren, das Abflussvermögen durch Gleichung (2) bestimmt, indem der Dachrinnenquerschnitt
und die Dachrinnenform berücksichtigt wird.
QL = 0,9 * QN * FL (2)

…..

Abflussvermögen Dachrinnenablauf

Das Abflussvermögen eines Ablaufs/Stutzens einer Dachrinne, deren Sohle breiter ist als der Durchmesser des Ablaufs, wird nach den Gleichungen berechnet, die in Tabelle 7 der ÖNORM EN 12056‐3:2000 angegeben sind.

Mit h = 75 mm (Dachrinnenhöhe) und D/2 = 50 mm (Fallrohr) gilt die Formel für h > D/2, Auslaufströmung für Dachrinnenabläufe mit kreisrundem Auslauf. Der Dachrinnenauslaufkoeffizient k0 wird mit 1,0 gewählt (ungehinderter Ablauf).

…..

Abflussvermögen lotrechte Regenwasser‐Abflussleitung (Regenfallrohr)

Der maximale Regenwasserabfluss soll in senkrechten Regenwasserfallleitungen mit kreisförmigen Querschnitt nicht größer als der Wert in Tabelle 8 der ÖNORM EN 12056‐3:2000 sein.

Ergänzend zur ÖNORM EN 12056‐3:2000 wird in der ÖNORM B2501:2009 festgelegt, dass ein Füllungsgrad von 0,33 (= 33%) anzuwenden ist.

Gemäß ÖNORM EN 12056‐3:2000, Tabelle 8 beträgt das Abflussvermögen 10,7 l/s für ein Rohr DN 100 bei einem Füllungsgrad von 33 %.

Das ist rd. das 6‐fache des anfallenden Regenwasserabfluss Q von 1,74 l/s!